Dr. Faust aus dem Morgenland

Von Werner Hörtner · · 2009/10

Parvis Mamnun kam vor genau 50 Jahren nach Österreich, um hier Theater zu spielen. Mit einer tragikomischen Rezitation von Faust-Versen schaffte er es, in das Reinhardt-Seminar aufgenommen zu werden.

In „Ali Baba & Dr. Faust“, seinem neuesten Stück, spielt der persische Erzählmeister Parvis Mamnun nach, wie er sich vor einem halben Jahrhundert im Reinhardt-Seminar in Wien um Aufnahme bemühte. Das Publikum biegt sich vor Lachen, wenn er in seinem damaligen „Ausländerdeutsch“ und mit völlig falscher Betonung seinen Faust-Monolog von damals rezitiert. „Sagen Sie, junger Mann, in welcher Sprache haben Sie das vorgetragen?“ fragte ihn bei der Aufnahmeprüfung Jurymitglied Susi Nicoletti spitzfindig. Doch wider Erwarten wird der junge Perser aufgenommen – die Jury wollte ihm eine zeitlich befristete Chance geben.

Parvis Mamnun hat die Chance genützt. Nach dem Schauspielseminar studierte er an der Wiener Universität noch Theaterwissenschaft und Orientalistik, ging 1967 nach Persien zurück und gründete dort u.a. an der Universität von Teheran das Institut für Dramatische Künste. 1981 kehrte er nach Wien zurück, wo er seither Theater spielt und an der Universität persische Literatur und Schauspiel unterrichtet.

In seiner Heimat hatten ihn erzählende Derwische und Mystiker in ihre Kunst eingeweiht und ihm 1993 den Titel „Meister der Freien Erzählkunst“ verliehen, mit dem nur wenige Erzähler ausgezeichnet wurden. Seither können auch die Menschen in Österreich den persischen Meister der Erzählkunst hören, spüren, mit ihm eintauchen in die Märchen und Geschichten aus 1001 Nacht, von dem großen Epiker Nezami und dem Mystiker Rumi.

Der fesselnde Erzähler, der sein Publikum in Atem hält wie einst Schehezerade ihren König, tritt immer wieder in seiner Heimat auf – sein hauptsächliches Wirkungsgebiet wurde jedoch Österreich. Oder Mitteleuropa, muss man nunmehr sagen. Die Einladungen häufen sich, es gab auch schon mehrere konzertante Aufführungen seiner Erzählabende.

„Heute ist das Erzählen für mich eine Berufung“, sagt der nunmehr 68-jährige Meister. „Heute trete ich nur mehr auf aus Freude am Erzählen, aus der eigenen Freude und der meines Publikums.“ Auch die Weitergabe seiner Kunst freut Parvis Mamnun: in Deutschland, der Schweiz und Österreich gibt er immer wieder Workshops im Erzählen von Märchen und Geschichten.

Anfang Oktober 1959 kam der erwartungsvolle junge Parvis nach Österreich; 50 Jahre später, Ende Oktober 2009, wird der jung Gebliebene im Wiener Theater Akzent mit einer Jubiläumsvorstellung geehrt, in der er die Geschichte (s)einer erfolgreichen Integration wiedergibt (siehe Terminseite). Bis jetzt sind sieben Erzählkunstwerke des persischen Meisters auf CD erschienen, „Ali Baba & Dr. Faust“ auch auf DVD. Erhältlich bei der Buchhandlung Kessler am Wiener Getreidemarkt oder über www.parvismamnun.at, wo auch mehr Informationen über Leben und Werk

Termine im Oktober/November:
„Ali Baba & Dr. Faust“, 2.10. Graz/Die Brücke, 19:30 (www.diebruecke.at) und 31.10., Wien/Akzent, 19:30 (www.akzent.at).
„Die Sufis“, 4. und 18.10., Wien/Ostklub, 18:00. „Die persische Prinzessin“, 8.11., Wien/Ostklub, 17:00. „Leila & Madschnun“, 15.11., Wien/Ostklub, 17:00.

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